Bier statt Tapas – eine Spanierin in München
Jedem zweiten jungen Menschen in Spanien droht nach Ausbildung oder Uni die Arbeitslosigkeit. Viele kehren deshalb ihrem Land den Rücken – vor allem gut ausgebildete Ingenieure. Doch auch in Deutschland ist nicht alles wie im erträumten Paradies.
Zu wenig Geld für die Arbeit, unbezahlte Überstunden, schlecht bezahlte Mini-Jobs oder gar keinen Job. Junge Spanier wollen sich nicht mit den Bedingungen in ihrer Heimat abfinden. Zum Beispiel mit der hohen Arbeitslosigkeit, die Spanier nach ihrer Ausbildung trifft: 53,5 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen waren laut Statista im November 2014 ohne Job.
Die große Chance sehen dann viele in Deutschland. Wegen der gravierenden Wirtschaftskrise gilt für die Jugendlichen der Krisenländer Deutschland längst als gelobtes Land der Arbeit. Besonders junge und gut ausgebildete Spanier zieht es weg aus ihrer Heimat. 44.100 waren es laut dem statistischen Bundesamt im Jahr 2014.
Jobsuche in Spanien: Ohne Erfolg
Beatriz Almante ist eine von ihnen. Auch sie ist jung und gut ausgebildet. Die 26-Jährige ist Ingenieurin und hat sich auf Chemie spezialisiert. „Chemieingenieurwesen“ hieß hier Master, den sie 2014 in Madrid abschloss. Als sie dort vergeblich nach einem Job suchte, schrieb sie schließlich auch Bewerbungen nach Deutschland. Und es klappte: Seit ein paar Monaten arbeitet Beatriz beim Europäischen Patentamt. Ganz stolz trägt sie ihren Ausweis um den Hals. „Ich klassifiziere Patente im chemischen Bereich“, erklärt die junge Spanierin: „Der Job ist super und die Kollegen sind toll. Und das Beste: Ich spreche hier deutsch und englisch – so kann ich meine sprachlichen Kompetenzen verbessern.“
Beatriz war 2013 schon einmal für einen Deutschkurs in München. Weil es ihr in der bayerischen Landeshauptstadt so gut gefiel, freute sie sich besonders über die Jobzusage. Sprachlich hatte sie keine Probleme: „Ich lerne nun seit 5 Jahren deutsch. Für mich ist diese Sprache sehr nützlich – gerade beruflich gesehen“, sagt Beatriz. Außerdem wollte sie unbedingt nach Deutschland: „Ich sehe Deutschland und meinen Job hier als riesen Chance!“
900 Euro für eine Vollzeitstelle als Akademiker
In Deutschland sagt sie, verdiene sie für die gleiche Arbeit mehr als das doppelte. Was Beatriz aus ihrer Heimat erzählt, ist für viele Deutsche unvorstellbar: „Meine Ingenieurskollegen aus dem Studium verdienen in Spanien 900 Euro für eine Vollzeitstelle – wenn die Glück haben. Das ist nichts für einen Ingenieur!“, sagt sie wütend. Und die 26-Jährige fügt hinzu: „Bestenfalls könnte ich dort irgendwelche Beläge für Straßen zusammen mischen.“ Mit solch einer Stelle als studierte Hilfsarbeiterin will sich Beatriz aber nicht abfinden. Und so kam sie für einen Job nach Deutschland.
In ein Land, wo Merkel spanische Fachkräfte zum Arbeiten einlädt. In ein Land, in dem Ingenieure fehlen. Ein Land „in dem alles besser ist“, meint Beatriz. „Hier kann ich gut von meinem Gehalt leben, obwohl München teuer ist.“ In Spanien bekomme wohl schon jeder Studierte irgendwie einen Job, aber was für einen? „Die Bedingungen sind sehr schlecht. Viel Arbeit und wenig Geld! Deshalb habe ich mich für Deutschland entschieden“, sagt die Ingenieurin entschlossen. Hier muss sie nur die 40 Stunden arbeiten, für die sie auch bezahlt wird. Und dank der flexiblen Arbeitszeiten kann sie etwas spanisch-freundlicher auch erst um 9 anfangen.
„Ich vermisse die Tapas-Bars“
Ihre Heimat zu verlassen fiel Beatriz trotzdem nicht leicht, gerade auch, weil ihre ganze Familie in Madrid lebt. „Zum Glück stehen alle hinter mir. Sie wissen, dass ich nur hier Chancen auf einen guten Job habe“, sagt Beatriz, ergänzt aber: „Ich fliege so oft es geht nach Hause. Von München gibt man ja zum Glück gute und günstige Verbindungen.“
Wenn die junge Spanierin mit ihren blonden Locken von Madrid und ihrer Heimat spricht, dann leuchten ihre Augen. Dann strahlt sie. Besonders wenn es um spanisches Essen oder das Nachtleben geht: „Ich vermisse die Tapas-Bars. Einfach spontan Menschen auf der Straße treffen und sich eine Kleinigkeit gönnen. In Spanien ist viel mehr los auf den Straßen.“ Auch seien die Deutschen ihrer Meinung nach nicht ganz so offen und spontan. Vielleicht läge das am schlechten Wetter, meint Beatriz mit einem Schmunzeln. „Aber gerade ist das Wetter ja super. Dann vermisse ich Spanien nicht ganz so sehr.“
Sie liebt Bayern und das Bayerische Bier
Und natürlich hat München auch viel zu bieten: „Ich liebe Bayern und das Bayerische Bier. Und nicht zu vergessen: Das deutsche Frühstück!“, schwärmt Beatriz. Ganz stolz kann sie sogar „Semmel“ sagen. Und man hat das Gefühl, als ob die sonst eher ruhige Spanierin richtig aufblüht.
Sie hat sich also gut eingelebt und fühlt sich im fremden Land willkommen. „Ich bin sehr glücklich in München und hoffe, dass ich hier noch viele Jahre bleiben kann.“ Wo sie in 10 Jahren gerne sein möchte, kann die Spanierin noch nicht sagen: „Natürlich möchte ich im Moment hier in Deutschland bleiben, aber vielleicht zieht es mich auch mal wieder nach Spanien. Oder in ein anderes Land“, sagt Beatriz. „Aber was die Zukunft auch bringen wird, ich werde meinen Weg schon machen und immer arbeiten können. Egal wo.“ Und zum Schluss möchte sie noch etwas loswerden: „Ich habe hier in Bayern auf jeden Fall eine 2. Heimat gefunden.“
Einer, der den Neustart in Deutschland noch vor sich hat ist Manolo: Er will im Sommer 2016 nach Deutschland kommen um dort zu arbeiten oder um einen Master zu machen. Mit was er zu kämpfen hat und was er sich erhofft, lest ihr hier: