Das Pilger-Experiment – Wir waren dann mal weg!
Wir haben uns auf den Weg gemacht. Wir waren mit einem Jesuiten Priester beim Pilgern, statt beim Wandern. Ob es Unterschiede gibt, und was beim Pilgern und Wandern gleich ist, haben wir ausführlich diskutiert.
Immer wieder bekommen wir Anfragen für die eine oder andere Kooperation. Diese Einladung kam sehr spontan und war ungewöhnlich: Habt ihr Lust mit einem Jesuiten-Priester 3 Tage Pilgern zu gehen – nächste Woche – 110 Kilometer.
Nach kurzem Zögern haben wir gerne “ja“ gesagt. Ein spannendes Projekt, ein ungewöhnliches Abenteuer. Der Plan: Zusammen mit Sebastian, dem Jesuit, wandern / pilgern wir vom Haus Gries, ein Meditationshaus bei Kronach in Oberfranken, bis nach Nürnberg. Pilgern in Bayern. Ganz schön Taff!
Für uns war es in mehrfacher Hinsicht ein spannendes Abenteuer. Längere Wanderungen haben wir bisher immer zu zweit oder alleine gemacht – diesmal mit einem anfangs völlig Fremden. Und dann gleich drei Tage mit übernachten…. Pilgern waren wir beide noch nicht so richtig. Und was heißt das eigentlich?
Wandern vs. Pilgern
Das war eigentlich die Frage, die sich über die gesamten drei Tage gezogen hat. Immer wieder kamen wir mit Sebastian auf die Frage: Was ist denn der Unterschied? Gibt es eine „Wander-Spiritualität“?
Andrea hat von ihrer Alpenüberquerung letzten Sommer berichtet, als sie alleine auf dem Weg war. Dort ist sie auch immer wieder durch das Gehen und die Stille mit sich selbst konfrontiert gewesen und hat – wie sie selbst sagt – spirituelle Momente erfahren. Meditiert.
Sebastian kann das absolut nachvollziehen. Für ihn ist Pilgern aber expliziter noch auf Gott aus gerichtet. Es ist wie Wandern mit vorgegebenem Thema. Oder man bringt schon ein Thema mit. Klar, wie beim Wandern wird man auf dem Weg mit Fragen und Herausforderungen konfrontiert. Aber neben dem „zu-sich-Selbst-finden“ kommt das explizite „zu-Gott-finden“ mit dazu.
Der Weg ist das Ziel
Trotz den Unterschieden haben wir für uns gemerkt, dass das, was die Pilgern und Wandern vereint, das Größere ist: Sich auf den Weg machen – alleine oder in einer Gemeinschaft. Sich auf den Weg einlassen, mit allen Problemen aber auch allen möglichen Begegnungen mit Menschen am Rande des Weges. Und: man kommt immer anders zurück, als man losgelaufen ist. Mit neuen Gedanken, Inspirationen, Vorsätzen.
Unser Weg führte uns durch Oberfranken, an Kronach vorbei Richtung Altenkundstadt am Main. Von dort ging es weiter durch das Bärental nach Stadlhofen und Ebermannstadt. Die letze Etappe ging dann die Wiesent entlang über Forchheim, Erlangen nach Nürnberg.
Also Landschaftlich auch echt top. Gerade am Weißmain oder an der Wiesent entlang oder durch das Bärental sind das wirklich traumhafte Wanderstrecken – immer wieder durch verwunschene, bemooste Wälder.
Der Fremde – Pilgern mit Sebastian
Wir haben Sebastian zuvor nur in zwei Online-Videokonferenzen kennengelernt. Ein junger Jesuit und Priester, 33 Jahre alt. Nett, sympathisch, österreichischer Dialekt, der ab und an durch das Hochdeutsch rausspitzt. Also: Jemand mit dem wir uns auch auf ein Bier getroffen hätten.
Aber drei Tage ununterbrochen zusammen wandern, essen. Pause machen. Das ist schon nochmal eine andere Nummer. Aber das Zusammensein war von Anfang an offen. Und Ehrlich. Wir haben die Chance genutzt und alles gefragt, was einem so einfällt, wenn man einen jungen Priester und Mönch exklusiv für sich hat: Warum dieses Leben? Warum Kirche, Warum Priester, Warum die Jesuiten?
Schon bei der Zugfahrt nach Oberfranken, haben wir uns vorauseilende entschuldigt, dass wir ihn die nächsten drei Tage löchern werden.
Seine Reaktion: „Ja cool! Dafür ist das doch genau da!“ Wir haben wirklich alles gefragt! Und Er hat alles beantwortet. Offen. Ehrlich. Authentisch. Aber genauso zurückgefragt.
Ehrlich gesagt, hatten wir vermutlich alle selten so einen intensiven, offen-kritischen Austausch über unsere Lebensentscheidungen, unseren Glauben und unsere Weltanschauung. Aber wir haben auch wahnsinnig viel gelacht. Über Nebensächlichkeiten, Skurriles und uns selbst. Haben in der kurzen Zeit kleine Insider entwickelt.
Werden wir nochmal Pilgern gehen?
Vielleicht. Dieses Abenteuer hat uns auf jeden Fall wieder gezeigt, wie wertvoll es ist (tatsächlich körperlich, aber auch von der Kopf-Einstellung her) aus dem warmen Zuhause aus zu brechen, sich auf den Weg zu machen und sich mit der Welt, anderen Menschen und Gedanken zu konfrontieren, und die eigenen Überzeugungen zu hinterfragen und von anderen hinterfragen zu lassen.
Und dabei ist es ja dann egal, ob wir es wandern oder Pilgern nennen.
Da fällt mir ein Satz aus der Film-Trilogie „Herr der Ringe“ ein:
„Es ist eine gefährliche Sache, aus deiner Tür hinaus zu gehen. Du betrittst die Straße und wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen.”
J.R.R. Tolkien
Zum Hintergrund:
Insgesamt machen sich 5 Tandems (Jesuiten-Pater + Wanderer) in den nächsten Wochen auf den Pilger-Weg. Die Jesuiten wollen so – auf Social Media und in einer eigenen App – ihre neu gegründete Provinz vorstellen, die das Gebiet von Litauen, Deutschland, Österreich und der Schweiz umfasst.
Der Content und die Bilder sind in Zusammenarbeit mit den Jesuiten entstanden.