Das unbekannte Paradies: Liechtenstein
Fast jeder ist schon einmal dran vorbei gefahren. Aber so richtig drin war noch kaum einer: Das kleine aber wunderschöne Fürstentum Liechtenstein zwischen Österreich und der Schweiz hat aber viel zu bieten: Wunderschöne Berge, Landschaften und Wanderrouten zum Beispiel.
Gerade einmal 24 Kilometer lang und 12 Kilometer breit ist das kleine Land. Das macht eine Fläche von 160 Quadratkilometern, auf denen 37.000 Einwohner leben. 37.000 – genau so viele Arbeitsplätze bietet das Land, das heißt, dass es viele Pendler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt, die selbst gar nicht im Land leben. Selbst diese Pendler waren teilweise noch nicht so richtig in Liechtenstein unterwegs, erzählt mir Niki Eder, von Liechtenstein Marketing. Kein Wunder also, dass ich fast niemanden kenne, der schon einmal dort Urlaub gemacht hat, geschweige denn dort Wandern war. „Warum auch?“, fragen sich sicher viele. Das kleine Fürstentum ist einfach doch relativ unbekannt und unbedeutend. Gerade was den Tourismus angeht.
Das ist natürlich ein Vorteil, wenn man dort unterwegs ist: Die Berge sind nicht überlaufen. In der Hauptstadt Vaduz hält zwar immer mal wieder ein Reisebus und bringt eine Horde Asiaten vorbei, aber auf den höheren Gipfeln und in den Berghütten trifft man die eher selten. Auf den 400 Kilometern Wanderweg, die sich durch das ganze Land schlängeln, trifft man eher Einheimische, die einen immer mit einem sympathischen „Hoi!“ grüßen. Hier kennt man sich halt. Selbst die Fürstenfamilie trifft man einfach ab und zu beim Wandern, Skifahren oder einfach im Supermarkt, erzählen mir einige Liechtensteiner, die ich beim Wandern treffe. Dann wird mit einem „Hoi“ an der Kasse gegrüßt und weiter eingepackt.
Wirklich sehr entspannt und nett sind sie, die Liechtensteiner. Und stolz auf ihre Erbmonarchie und ihren Fürsten: Das 700 Jahre alte Schloss thront über der Hauptstadt Vaduz. Das liechtensteinische Fürstenhaus zählt zu den ältesten Adelsfamilien Europas und ist eine erfolgreiche Unternehmensfamilie. Trotzdem sehr bodenständig und „volksnah“, wie mir Niki erzählt. Wie der Bürgermeister in einer kleinen Gemeinde. Nichts Besonderes. So stelle ich es mir jedenfalls vor. Sehr persönlich.
Die Liechtensteiner Bergpaten
Persönlich ist auch ein neues Projekt, das vor kurzem in Liechtenstein gestartet ist: Die Berggotta und Berggötte – Bergpaten und Bergpatinnen, die die Touristen durch ihre Heimat und ihre Berge führen und ihnen dazu jede Menge persönliche Geschichten und Hintergrundinfos bieten. Bei einem Land, das zu 2/3 aus Bergen besteht, sollte man den Besuchern diese Gebiete natürlich näher bringen. „Wandern im Alpenparadies – kleines Land, großes Bergglück“, so das Motto der Wanderführer. Die Touren, die immer Dienstags und Donnerstags für die Wanderfans aus aller Welt angeboten werden, sind für fast alle Besucher kostenlos, da das Angebot direkt über die Hotels und Liechtenstein Marketing läuft. Weitere Infos zum genauen Treffpunkt und der Anmeldung gibt es hier.
Ich hatte die Chance, vier Tage lang mit den Bergpaten durch die Liechtensteiner Bergwelt zu wandern und mir von wasch-echten Liechtensteinern ihr Land zeigen zu lassen. Sie alle waren sehr sympathisch, geduldig, gesellig und lässig. Außerdem wussten sie natürlich allerhand über ihre Berge, konnten Geschichten und Sagen erzählen und kannten fast jede Pflanze am Wegesrand.
Tolle Aussicht: Der erste Tag mit Berggötte Herbert
Vaduz – Gaflei (1500m) – Alpspitz (1942 m) – Fürstensteig – Stücka (1433,), 9 km, 5 Stunden
Am ersten Tag ging es mit Berggötte Herbert von Vaduz aus hinauf auf die Alpspitz und dann den Fürstensteig entlang: Ein wunderschöner Panoramaweg über dem Rheintal mit einer grandiosen Aussicht! Eine gut schaffbare Tagesetappe – 3,5 Stunden bis rauf zur Alpspitze, 1,5 Stunden vom Gipfel über den Fürstensteig bis zur Alpe Stücka. Abkürzen kann man, indem man mit dem Bus bis zur Gaflei auf 1.500 Metern Höhe fährt.
Schön ist außerdem der Fürstensteiner Höhenweg, der ab dem Fürstensteig weiter Richtung Westen über die drei Schwestern führt (Drei-Schwestern-Weg).
Liechtenstein erleben – jeder soll etwas mitnehmen
Am Abend auf der Alpe Stücka – nach deftigem Abendessen und Bier – erklärt Bergötte Robert – um was es ihm und den anderen bei dem Projekt geht: Nicht um Höhenmeter machen, sondern den Menschen zur Natur hinzuführen und die Geschichte und die Kultur des Landes vermitteln. „Die Besucher sollen etwas mitnehmen können“, erklärt der Wanderführer. Kultur gabs zum Beispiel am ersten Tag, als Michael auf dem Gipfel einen sauren Käs auspackte und etwas über die Herstellung in den Bergen erzählte. Später am Abend packte außerdem Robert noch so einige Geschichten aus: Er ist in den Bergen aufgewachsen und weiß, wie man Kühe melkt und Käse herstellt. Echt spannend. Die Bergpaten lassen einen als Besucher wirklich teilhaben an ihrem Leben und an ihrem Land. Und sie sehen sich wirklich als Paten, die ihre Gäste betreuen, unterstützen und begeistern.
Jeder der Paten hat sein eigenes Spezialgebiet und seine geheimen Routen. Ich kann es wirklich nur empfehlen mal einen Tag mit einem der Paten zu verbringen. Alle Bergottas und Bergöttes sind aus Liechtenstein und kennen wirklich fast jeden Stein. Es ist kein Massenevent, sondern ein echtes Naturerlebnis. Liechtenstein kann mit seinen 1100 Gästebetten auch nicht so überlaufen werden. Das ist echt super!
Liechtenstein Genießen: Der zweite Tag mit Berggötte Nikolaus
Stücka (1433m) – Naaftal – Pfälzerhütte (2111m), 10 km, 4 Stunden
Am 2. Tag werde ich von Nikolaus durch die Berge geführt. Das Ziel ist die Pfälzerhütte auf 2111 Meter. Circa 10 Kilometer ab der Alpe Stücka. 850 Meter hinauf, 150 Meter hinunter. Eine entspannte Tour von 4 Stunden.
Auf dem Weg durch die Alplandschaft entdecke ich Murmeltiere, 2 Gämsen und sogar ein paar Steinböcke. Außerdem komme ich an Wasserfällen und Enzianen vorbei. Alles blüht. Wunderschön. Nikolaus erzählt mir von seiner Kindheit auf der Alm. Wie er immer den ganzen Sommer in den Bergen und in der Natur verbracht hat. Klingt fast wie in einem Kitsch-Roman. Als er mittags zur Brotzeit Valbuner Speck, Käse und einen Pino Noir aus der Fürstlichen Hofkellerei auspackt, glaube ich tatsächlich fast kurz, jetzt im Schlaraffenland zu sein. Es gibt doch nichts schöneres, als nach einer anstrengenden Tour im Gras zu sitzen, seine Brotzeit zu verputzen und dabei das Bergpanorama auf sich wirken zu lassen. Genau darum geht es Nikolaus auch: „Ich will mit den Gästen nicht an allem vorbei hetzten. Wir wollen die Bergwelt schließlich genießen,“ sagt er, und nippt genüsslich an seinem Wein.
Die Liechtensteiner Berge haben wirklich jede Menge zu bieten: Wunderschöne Panorama Wege, raue Felsen, Gratwanderungen mit Blick ins Rheintal oder in die Schweizer Berge, saftige Almweisen, urige Berghütten, schwierige Kletterrouten oder auch gemütliche Wanderungen im Tal.
Hoch hinauf: Der dritte Tag mit Berggötte Michael
Pfälzerhütte (2111m) – Naafkopf (2570m) – Pfälzerhütte – Fürstin-Lisa-Weg – Saraiserjoch (2000m) – Malbun, 4 Stunden
Ich stehe ja eher auf die großen Herausforderungen und Berge, die mich hoch hinaus kommen lassen. So geht es am morgen des 3. Tages für mich um 4 Uhr Morgens von der Pfälzerhütte hinauf auf den Naafkopf. Eine gigantische Tour! Der Beste Moment war, als die Sonne über die Kante der umliegenden Berge kam. Oben am Gipfel wurde ich für das frühe Aufstehen gleich noch mehr belohnt: Eine gigantische Sicht über alle drei Länder und sogar bis zum Bodensee. „Tja, Bergerlebnisse kann man sich mit keinem Geld der Welt kaufen“, sagt Micheal, mein Bergpate für den 3. Tag. Er ist wirklich ein Bergführer aus Leidenschaft. Man merkt richtig, wie er einen mit seiner Begeisterung ansteckt. Da möchte man am liebsten gleich selbst in die Berge ziehen.
Nach dem anstrengenden Gipfelaufstieg führt dann ein relativ entspannter, aber trotzdem wunderschöner weg hinab nach Malbun: Der Fürstin-Gina-Weg. 1,5 Stunden braucht man von der Pfälzer Hütte aus. Die ganze Zeit über hat man einen tollen Blick auf Malbun, das Skizentrum von Liechtenstein.
Malbun bietet große schicke Hotels, Ferienwohnungen oder auch eine Jugendherberge. Einen kleinen Kiosk, ein paar Läden oder auch tolle Restaurants. Da findet jeder etwas.
Überraschungen am vierten Tag mit Bergotta Rosaria
Malbun (1602m) – Pradamee – Hahnenspiel (1972m), 2 Stunden
Am letzten Tag war ich wirklich schon etwas platt. So führte mich Bergotta Rosaria „nur“ auf das Hahenspiel, circa eine Stunde ab Malbun. Dort oben gab es wie immer eine super Aussicht und außerdem – mein Highlight – einen frischen Espresso auf 1976 m. Wie das ging? Mit dem Handpresso. Zuerst fleißig Pumpen und Druck aufbauen, dann Pad einlegen und mit dem selbst erarbeiteten Druck das Wasser durchdrücken. Fertig. Wie beim Italiener. Als Rosaria dann noch ihr Alphorn auspackte und zu spielen begann, war das Paradies mal wieder perfekt. Ich weiß gar nicht, wie die Liechtensteiner das immer schaffen. Man fühlt sich fast wie in einer anderen Welt. Im Paradies halt.
Damit man das auch nie vergisst, gibt es zum Abschluss einer Tour immer ein Geschenk des Paten. Bei dem Einen einen Schnaps, bei der Anderen eine Tasse, oder auch ein paar schöne Postkarten aus Liechtenstein. Schön, jetzt Bergpaten in Liechtenstein zu haben. Ich werde sicherlich wiederkommen und noch ganz viele Freunde mitbringen. Denn Liechtenstein ist viel zu schön, um einfach nur dran vorbei zu fahren!
Und hier nochmal kurz meine Tour im Überblick:
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Ja, Liechtenstein ist sehr schön, aber worüber ein hotel? Ist die Essen und Enterkunft gut und billig?