Wintertipp: Eisklettern im Pitztal – das kannst du auch!
Eisklettern ist doch viel zu krass und nur was für Kletter-Profis? Das dachten wir auch, bis wir einen 2-Tages-Eiskletterkurs im Pitztal besuchten. Wir haben verdammt viel gelernt. Und am Ende ging es senkrechte Eissäulen nach oben! Wenn du auch Lust hast: Hier gibt’s wichtige Infos und Tipps.
Durch Zufall sind wir auf das Thema „Eisklettern im Pitztal“ gestoßen und haben uns recht spontan entschlossen, hier einen Eiskletter-Kurs zu machen. Soviel schon mal vorweg: Wir haben es nicht bereut. Im Gegenteil: Es waren 2 gigantische Tage im Eis! Wir haben so viel gelernt und wir hätten uns nie erträumen lassen, was für senkrechte Routen wir am Ende rauf geklettert sind.
Unser Video zum Eisklettern im Pitztal – ein kleines Tutorial:
Eisklettern: Ohne Vorerfahrung direkt senkrechte Eiswände nach oben
Wir müssen zugegeben: Bis auf einige Klettersteige und ab und zu mal Bouldern oder Klettern in der Halle, sind unsere Kletter-Skills eher beschränkt. Alpin geklettert sind wir beide noch nie. Daher sind wir davon ausgegangen, dass wir uns in diesem Kurs erstmal stundenlang mit dem Material und der Theorie beschäftigen und uns dann vielleicht am 2. Tag mal an der Wand nach oben wagen. Aber so war es nicht. Direkt nach einer Stunde ging es die erste Route nach oben! Und das ging sofort besser als gedacht. Zum Kurs und den wichtigsten Tipps, gleich noch mehr.
Unser Highlight am Ende war definitiv, als wir eine senkrechte Eissäule hochgeklettert sind. Aber auch eine kleine Vorstiegs-Übung, mit Schrauben ins Eis schrauben, war super!
Ein Paar wichtige Infos zum Eisklettern
Eisklettern ist eine super Möglichkeit, wenn ihr (auch) im Winter im Freien klettern wollt. Der Vorteil beim Eisklettern: Anders als beim alpinen Klettern findet ihr quasi auf der gesamten Eis-Fläche einen Platz für eure Steigeisen und Eisgeräte. Ihr müsst nicht, wie beim alpinen Klettern am Fels, nach einem passenden Griff oder Tritt suchen.
Aber Achtung: Unterschätzt das Ganze nicht! Eisklettern gilt als die anspruchsvollste Art des Bergsteigens. Aber: Wenn ihr hier einen guten Kurs macht oder euch bereits sehr sicher fühlt (ausreichend technische Fertigkeiten) und das Eis und die Verhältnisse (inkl. Lawinengefahr) richtig beurteilt, dann steht dem Abenteuer im Eis nichts mehr im Wege. Und dann ist es auch eine relativ sichere und zugleich spannende Sportart.
Da es sich um eine sehr technische Art des Bergsteigens handelt, ist es wichtig, dass ihr die richtige Ausrüstung dabeihabt. Im Pitztal könnt ihr hier sogar einiges kostenlos zum Testen im Hotel 4 Jahreszeiten ausleihen.
Eisklettern im Pitztal
Das Pitztal ist nach wie vor ein echter Geheimtipp unter Eiskletterern, aber es wandelt sich mehr und mehr zum Szene-Mekka. Hier finden Alpinisten die schwersten Eistouren der Welt vor! Das Pitztal bietet eine Vielzahl von gefrorenen Wasserfällen, meist sind hier die Verhältnisse von November bis April gut. Hinzukommt, dass ihr hier in nahezu allen Schwierigkeitsgraden im Eis klettern könnt. Für Kurse und Anfänger eignet sich besonders gut die Taschachschlucht.
Tipp: Ein cooles Event, um besser zu werden oder das Eisklettern kennen zu lernen, ist sicher das alljährlich stattfindenden Eis Total Eiskletterfestival im Pitztal. Euch erwarten hier herausfordernde Eisfälle und Basecampatmosphäre. Ihr könnt das neueste Material testen und bei Vorträgen und Workshops viel Neues rund ums Eisklettern lernen.
Was für Material brauche ich zum Eisklettern?
Eigentlich gar nicht so viel. Wir waren überrascht! Fangen wir oben an:
– Einen Kletter-Helm (da hatten wir schon eigene durch div. Klettersteige)
– Eisgeräte (z.B. von Petzl oder Grivel)
– Einen Klettergurt (hier hatten wir auch beide unsere ganz normalen Hüftgurte)
– Steigeisenfeste Bergschuhe (Bergschuhe der Kategorie C)
– Und Steigeisen (zum Beispiel diese hier von AustriaAlpin)
Bei den Eisgeräten macht es definitiv Sinn (wie beim ganzen Material eigentlich) recht moderne zu nehmen. Die haben sich in den letzten Jahren sehr stark weiterentwickelt und wurden immer gebogener, leichter und die Griffe immer bequemer und sicherer. So konnten wir die neuen Eisgeräten ohne viel Kraft ins Eis schlagen und hatten auch bei einer recht glatten Eiswand einen sehr guten Halt, wenn auch nur auf wenigen Zentimetern.
Zu den Bergschuhen: Hier könnt ihr im Notfall beim ersten Ausprobieren oder Falls es euch wichtig ist, die eigenen zu nehmen, auch mal B oder B/C Schuhe nehmen. Euch muss aber klar sein, dass ihr dann keinen so guten Halt habt und die Steigeisen die Schuhe auch zusammendrücken und biegen.
Welche Voraussetzungen sollte ich fürs Eisklettern erfüllen?
Muss ich zum Eisklettern schon klettern können?
Das haben wir direkt unsere Eiskletter-Profis aus dem Pitztal gefragt: Alfi (Alfred Dworak) und Harry (Harald Fichtinger). Sie meinten:
1. Wichtig ist, dass ihr Lust auf Draußen sein, Bewegung und Anstrengung habt.
2. Ein Bisschen Mut schadet sicher auch nicht, wenn es min. 20 Meter in die Höhe geht.
3. Und einigermaßen fit solltet ihr auch sein. Also jemand, der so gar keinen Sport macht, tut sich schon schwer beim Eisklettern.
4. Kletter-Erfahrung hilft auf jeden Fall – ist aber keine Voraussetzung für einen Kurs. Alles Nötige lernt ihr im Eiskletter-Kurs.
Wir fanden es schon anstrengend. Und am Nachmittag merkten wir auch, dass vor allem die Kraft in den Armen nachließ. Wir zogen als Anfänger auch einfach viel zu viel aus dem Armen, anstatt aus den Beinen zu schieben.
Unsere Kletter- und Boulder-Erfahrung half uns auf jeden Fall – aber wir hatten in der Gruppe auch noch unerfahrenere Leute dabei. Alle machten am Ende eine gute Figur und schafften es bis nach oben. Auch sicherten wir uns von Anfang an gegenseitig – aber all das bekamen wir von Alfi und Harald Schritt für Schritt gezeigt.
Tipps zum Eisklettern: Was sollte ich beachten?
Der wichtigste Tipp ist definitiv so viel wie möglich aus den Beinen zu machen. Als wir das am 2. Tag mehr berücksichtigten, hielten wir viel länger durch! Die Arme sollten wenn möglich immer gestreckt bleiben und eigentlich nur dazu dienen, dass der Oberkörper nicht von der Wand nach hinten kippt.
Vielleicht ganz grob zum Ablauf des Eiskletterns:
- Beide Hände mit den Eisgeräten nach oben ins Eis schlagen. Nacheinander. Ungefähr 90% des gestreckten Arms.
- Po etwas von der Wand wegnehmen, damit ich die Füße sehen kann
- Dann in kleinen Schritten mit den Füßen nach oben Richtung Hände klettern.
- Dabei die Spitze leicht ins Eis schlagen und darauf achten, dass der Fuß waagrecht ist (sonst halten die Steigeisen nicht, und es geht auch ganzschön auf die Wand, das sonst zu halten. Und keine Sorge: Die Steigeisen halten, wenn auch nur die Spitze im Eis steckt)
- Die Arme dabei so lang wie möglich gestreckt lassen und kaum Gewicht auf den Armen haben.
- Guten Stand mit beiden Füßen finden
- Beine Strecken und den Po zum Eis bringen. Wie eine Banane. Also auch ins Hohlkreuz gehen und den Oberkörper noch weiter von der Wand nahmen.
- Jetzt sind Oberkörper und Arme frei und ich kann wieder beide Eisgeräte über mir ins Eis schlagen.
Also ein zweiter wichtiger und hilfreicher Tipp ist definitiv die sog. Banane. Also, dass ich mit dem Po ganz nach an die Wand gehe, ins Holzkreuz gehe und der Oberkörper so von der Wand wegkommt. Dann habe ich zum einen viel Gewicht auf den Beinen und ich kann gut nach oben schauen und gute Plätze für die Eisgeräte finden. Zugleich kommen die Fersen tief und ich habe einen guten Halt mit den Steigeiesen.
Wo und wie kann ich Eisklettern im Pitztal lernen?
Das Pitztal gilt als Eiskletter-Eldorado. Hier gibt es mehr als 50 Wasserfälle, die sich – im Winter gefroren – ideal zum Eisklettern eigenen.
Wir haben unsere 2 Tage im Eis in der Taschach-Schlucht verbracht. Das Tolle hier: Auf engstem Raum gibt es mehr als 60 Eiskletter-Routen, von einfach bis schwer, von kurz bis lang. Und von der Straße und dem Parkplatz aus ist man in 5 Minuten mittendrin im Eisparadies. Also der ideale Ort, um das Eisklettern zu lernen.
Das Gute ist ja, dass ihr am Anfang einen Guide dabeihabt und nicht selbst entscheiden müsst, welcher Platz für euch heute der perfekte ist.
Einen Kurs buchen könnt ihr über die Bergführer-Vereinigung. Diese bieten am Dienstag oder Mittwoch auch immer ein Schnupper-Klettern an. Oder auch direkt einzelne Bergführer kontaktieren. Zum Beispiel Alfi oder Harald. Für einen Bergführer könnt ihr privat zu zweit circa 360 Euro pro Tag rechnen.
Ihr könnt aber auch einen Anfänger- oder Fortgeschrittenen-Kurs für 3 Tage buchen. Dieser kostet dann komplett (inkl. Ausrüstung) nur 330 Euro. (Mehr Infos gibt’s hier)
Wenn ihr allgemein Infos zum Eisklettern im Pitztal und zu Kursen sucht, dann könnt ihr euch auch jederzeit ans Tourismusbüro Pitztal wenden (Über die Website und natürlich auch vor Ort).
Wie läuft so ein Kurs ab?
Am Anfang haben wir uns erstmal mit dem Material vertraut gemacht (Materialkunde). Was gibt es da zu beachten? Wie zieht man die Steigeisen richtig an? Wie hält man das Eisgerät?
Dann ging es ans Eis. Erstmal haben wir uns in einem ganz flachen Stück von links nach rechts bewegt, um ein Gefühl für die Tritte/Schritte im Eis zu bekommen (Trittschulung).
Als nächstes haben wir gelernt, wie wir die Eisgeräte richtig ins Eis schlagen bzw. wo und wie wir gute Stellen/Mulden/Griffe finden (Schlagtechnik).
Bevor wir dann zum ersten Mal nach oben geklettert sind und uns gegenseitig sichern konnten, haben wir natürlich die benötigten Knoten und das Sichern gelernt (Knotenkunde sowie Seil- und Sicherungstechik).
Ein großer Teil des Kurses war im Anschluss das Klettern selbst. Wir haben viele Tipps bekommen und auch bestimmte Übungen gemacht. Zum Beispiel einen kleinen Contest, wer es mit möglichst wenig Schlägen mit dem Eisgerät nach oben schafft. So mussten wir viel aus den Beinen machen und haben gelernt, dass es die Arme nicht so stark braucht (Klettertechnik).
Ziel eines 3-Tages-Kurses ist es, Toprope (also, dass ein Seil von oben kommt) im 4.-5. Schwierigkeitsgrad zu klettern. Das haben wir auf jeden Fall geschafft.
Außerdem geht es dann am 3. Tag auch schon mit dem Vorstiegsklettern los. Das haben wir am 2. Tag nur noch ein wenig am Ende geschafft. Also drei Tage lohnen sich auf jeden Fall!
Wir waren aber auch nach 2 Tagen baff und begeistert, wie viel wir gelernt hatten und was für Routen wir am Ende schafften. Und das, obwohl wir davor eben nicht viel Erfahrung hatten!
Unser Fazit: Mit dem richtigen Material, Motivation und einem guten Lehrer, bekommt ihr das auf jeden Fall auch hin!